Aminta di Tasso.
Jo ho si pieno il petto
di pietate
E si pieno d’horror, che
non rimiro
Ne odo alcuna cosa,
ond’io mi volga
La qual non mi spaventi,
e non m’aflanni.
Meine Wehmuth
will umsonst ein ihr gleichend Lied entwerfen/
Sie betäubt
mich durch sich selbst/ und durchglüet Herz und Nerven/
Die verwäyßte
Muse zittert/ klagt und ringt die welke Hand/
Da der Tod in
meinem Bruder ihr den besten Freund entwand.
Diesmal kan
kein Dichtertrost dem beklemten Herzen lüften/
Diesmal kan
kein Dichtertrost ein zweydeutig Denkmal stiften/
Diesmal
schweig ich; fließt ihr Zähren! fließt! mein Bruder ist nicht mehr.
Ach mein
Bruder! ... doch die Muse ächzt noch wohl sein Seufzen her.
Ja das letzt
erseufzte Ach! das mit Röcheln und mit Stamlen
Aus den kalten
Lippen flos/ heißt der Liebe Kräfte samlen/
Und will mit
verwandten Blicken von der Treue dieses Lied/
Das nicht dir/
mein trauter Bruder! nein/ dem Schmerzen ähnlich sieht.
Folgt ich
einzig meinem Sinn/ würd ich mit der Allmacht rechten/
Und der Jugend
frühen Fall gegen ihren Spruch verfechten.
Doch des
Schmerzens klügelnd Richten/ stutzt/ begreift sich/ seufzt und schweigt.
Wann die
Vorsicht mir von weiten ihre dunkle Tiefe zeigt.
Dunkle Tiefe!
die kein Glas unsern kurzen Augen lehret/
Die der
Hochmuthsvolle Witz mit beschämter Ohnmacht ehret/
Dein
geheiligtes Geheimnis ist zwar furchtbar doch auch schön/
Es läßt uns
das Wohl der Zukunft aber auch ihr Weh nicht sehn.
Würde nicht
der feige Mensch sich mit träger Schwermuth plagen/
Und zum Thron
des größten Reichs ein bekümmert Herze tragen/
Wüste schon
sein kühner Vorwitz/ daß des Glückes Schmeicheley
Und der erste
Tag der Krönung seines Lebens letzter sey?
Würde wohl das
sichre Lamm so vergnügt und ruhig weiden/
Hätt es
menschliche Vernunft und ein Bild von seinem Leiden/
Das der
mörderische Hunger ihm des andern Morgens droht?
Aber seine
dumme Unschuld küßt das Werkzeug seiner Noth.
Glückliche
Unwissenheit hell und trüber Künftigkeiten
Selbsterhalterin
der Welt/ Schleisserin betrübter Zeiten!
Du erhälst die
beste Ordnung einer auserwehlten Welt/
Die durch dich
auch noch den Vorzug der vergnügtesten behält.
Zwar der
ungelehrge Schmerz scheinet hier sich selbst zu schmeicheln/
Und dem schwach
erwiesnen Satz seinen Beyfall vorzuheucheln/
Da der Eyfer
frevelnd seufzet: Was hilfft dir die beste Welt/
Ach mein
Bruder! wenn dein Schiffgen an der ersten Bank zerschellt?
Hilfts dir
etwas jetzt den Trost aller Weisen anzuhören/
Daß die Fehler
in den Theilen doch das Wohl des Ganzen mehren/
Daß in allen
Möglichkeiten stets dein Zustand einerley/
Das ist/ immer
jung gestorben/ und dennoch der beste sey?
Schweige
Weisheit/ laß den Satz/ laß den Satz der Schrift verfechten;
Die entrafft
dem Sündenfall den erwähleten Gerechten:
Aber warum
wird der Sünder nicht vor der Geburt gerafft/
So würd er
gewis und sicher vor dem Falle weggeschafft.
Soll die
kleinste Kreatur seines Schöpfers Ruhm erzählen/
Warum soll
mein Bruder denn diesen Endzweck nur verfehlen?
Reuts dem
Schöpfer? oder aber hat er sich etwa bedacht/
Und ihn ohne
Grund und Absicht aus dem Nichts hervorgebracht?
War er fromm/
wo bleibt denn doch das verheißne lange Leben?
War ers nicht/
wo die Gedult die zur Busse Zeit gegeben?
Schweigt ihr
Zweifler! dies ist ewig: GOtt ist doch der beste Mann/
Der auch über
unser Denken noch gar vieles wirken kan.
Aller Weisen
beste Kunst/ da man Satz auf Sätze bauet/
Ueberführt uns
daß der Witz noch nicht in das Ganze schauet.
Und so lang
wir noch nicht lernen GOtt von unsern GOtt zu seyn/
Laß ich mich
auf alle Zweifel mit bescheidner Demuth ein.
Gnug mein
Bruder du bist tod; deiner tiefen Augen Blicke
Hohlen mir in
meiner Brust tausendmal dein Bild zurücke:
Du entdeckst
nun frey vom Leibe/ das Geheimnis jener Welt/
Deren Zustand
uns noch alle in der grösten Hofnung hält.
Das Geheimnis
jener Welt und die Ewigkeit der Sele/
Bleibt der
zweifelnden Vernunft stets ein unverzehrlich Oele:
Risse eines
Klüglings Zweifel diesen frohen Eckstein ein/
O wie würde
nicht die Ordnung dieser Welt verwirret seyn?
Würde nicht
der freche Mensch alles in einander mengen/
Und verwegen
ungescheut aller Welten Stand verdrängen?
Wär es
gleichwohl nicht erwiesen daß die Sele ewig sey/
Fiel ich doch
dem süssen Irthum lieber als der Warheit bey.
Keiner als wer
also lebt/ wie die Thoren auf der Erden/
Wünscht
denselben nach den Tod im Verwesen gleich zu werden.
Dichtet nur
daß unsre Sele ein vergänglich Stäubgen sey/
Legt ihr
Schlummer/ oder Ohnmacht/ oder ein Vergessen bey/
Sagt sie sey
das Meisterstück unter künstlichen Machinen;
Schrift und
Klugheit müssen hier zu der Warheit Rettung dienen.
Es ist warlich
viel gewaget mit der klugen Zweifeley/
Wenn man nur
allein bedenket/ dass die Zukunft möglich sey.
Du mein Bruder
bist nunmher endlich glücklich überzeuget
Von der
Warheit/ die noch hier vieler Weisen Schlüsse beuget;
Denn die
körperlichen Schranken setzen dir nunmehr kein Ziel/
Bis die
Allmacht dich von neuem mit dem Leib verknüpfen will.
Füllt jetz
nicht dein Bruderherz der begrifnen Bilder Menge/
Ist dir in der
Regungen überhäufeten Gedränge
Der verlaßnen
Welten Klumpen kein unendlich kleines Stück;
O so denke
unterweilen an die Weinenden zurück.
An die höchst
erschrockne Zahl der verwayßten Anverwandten/
Die bey deinem
Lebewohl aller Wünsche Weirauch brannten.
Du lebst stets
in unsern Reden/ mein Geist zieht es stets empor/
Als ich dich/
und du/ mein Bruder! sich dein Geist in sich verlohr,
Meiner Hofnung
Phantasie ist stets sinnreich mich zu quälen/
Zärtlich
schmeichelnd will sie mir Bruder! deinen Tod verhelen;
Aber wenn die
ernste Sehnsucht voller Unruh dahin sieht
Wo du
pflegtest krank zu sitzen/ schweigt sie seufzend/ weint und flieht.
Dann so quält
ein stummer Harm mein Gemüthe unabläslich/
Schmerz und
Liebe machen mir seine Bildung unvergeslich:
Schenkt mir
Musen Orpheus Leyer/ säng ich ihn wohl wieder her/
Jetzo schließt
die arme Zeile: Ach mein Bruder ist nicht mehr!
Horat.
Prudens futuri temporis
exitum
Caliginosa nocte
premit Deus
Ridetque si mortalis
ultra
Fas trepidat.