Emil
Ludwig als deutsch-jüdischer Schriftsteller
Geboren am 25.01.1881 im schlesischen Breslau, wuchs Emil
Ludwig als Sohn jüdischer Eltern in aufgeklärter liberaler Familie auf.[1]
Die ersten beiden Jahre seines Lebens trug er als Emil Cohn den
jüdischen Nachnamen seines Vaters, ehe dieser eine Änderung zum Namen Ludwig
veranlasste, um seinen Sohn – wie auch dessen drei Geschwister – vor dem
sich ausbreitenden Antisemitismus zu schützen.[2]
Wie Emil Ludwig in seiner Autobiografie Geschenke des Lebens (1931)
beschrieb, war in seinem Elternhaus »vom Judentum fast so wenig die Rede wie
vom Christentum, und so ist es auch in meinem Denken und Fühlen geblieben.«[3]
Im Jahr 1902 trat Ludwig der protestantischen Kirche bei,[4]
im Jahr 1906 emigrierte er schließlich in die Schweiz.
Im Zuge des sich ausbreitenden Nationalismus fiel der mit
Ludwig befreundete Außenminister der Weimarer Republik, Walter Rathenau, im
Jahr 1922 einem antisemitischen Attentat zum Opfer. Ludwig sah in diesem
Attentat ein Anzeichen für das Scheitern der Demokratie in Deutschland. Zudem
beschrieb er seinen Freund Rathenau, der sein bisher kaum ausgeprägtes
Interesse am Judentum verstärkte, in der biographischen Sammlung Genie und
Charakter (1924) als frommen Juden. Das Attentat war für Ludwig schließlich
der Anlass, aus der christlichen Kirche auszutreten und sich wieder zum
Judentum zu bekennen.
Ludwig und seine Werke gerieten in der Folgezeit zunehmend in
den Fokus antisemitisch motivierter, publizistischer Angriffe. Insbesondere
seine Biographie Wilhelm der Zweite (1925) und sein Werk Juli 14 (1929)
dienten seinen nationalistischen Gegnern als Zielscheibe. Die wachsende Kritik
an Ludwig entwickelte sich zu verunglimpfenden Schriften mit dem Ziel einer
öffentlichen Diskreditierung des selbsternannten Pazifisten und Demokraten.
Beispielhaft kann hierfür Niels Hansens Der Fall Emil Ludwig gelten:
Hier wird Ludwig als »Feind der Deutschen«[5]
bezeichnet, seine scheinbar wichtigsten Eigenschaften reduziert der
rechtsnationale Hansen auf Ludwigs Zugehörigkeit zur jüdischen »Rasse«.[6]
Ludwig trat derartigen Anfeindungen entschlossen entgegen.
Zudem bekannte er sich mehrfach öffentlich zum Judentum,[7]
als Beispiele hierfür können seine Rede beim Deutschen Tag in New York
im Jahr 1935 sowie sein Werk Der Mord in Davos (1936) angeführt werden.[8]
In Der Mord in Davos verteidigte Ludwig das Attentat auf das Schweizer
NSDAP-Mitglied Wilhelm Gustloff durch den jüdischen Studenten David
Frankfurter. Am 15. Mai 1937 erreichte Ludwig die Mahnung des Schweizer
Bundespräsidenten Motta, sich in seiner Kritik an den Nationalsozialisten zu
mäßigen, aus diesem Grund erschien Der Mord in Davos in der Schweiz erst
nach Kriegsende im Jahr 1945 unter dem Titel David und Goliath.[9]
Dies und die zweimalige Entdeckung von Spionen auf seinem Grundstück
veranlassten Ludwig schließlich zur Auswanderung in die USA.
Auch im amerikanischen Exil hielt sich
Ludwig mit Kritik an den Nationalsozialisten nicht zurück, die Judenverfolgung
nannte er eine Angelegenheit eines jeden Deutschen. Den jüdischen Immigranten
in den USA warf er bei einem Vortrag in Cleveland (Ohio) vor, mehr Deutsche als
Juden zu sein, womit er bei ihnen auf Ablehnung stieß. Im Jahr 1941
veröffentlichte Ludwig in den USA das Werk The Germans. A Double History of a Nation (in
deutscher Fassung als Geschichte der Deutschen im Jahr 1945 erschienen).
In vereinfachender Weise führte er hierin den deutschen Judenhass auf den Neid
der Deutschen auf die geistige Überlegenheit der Juden zurück. Zusammen mit
seinen Werken How to
Treat the Germans (1943)
und The Moral Conquest of Germany (1945)
stellte dies den Versuch Ludwigs dar, die Außenpolitik der USA gegenüber
Deutschland zu beeinflussen. Nach seiner Rückkehr in die Schweiz[10]
im Jahr 1945 beschäftigte Ludwig sich in seinen Werken Othello (1947)
und Der Krieg der Musikanten (1960) weiterhin mit dem »Rassenproblem«.
Markus
Maschke Hauke Möhlmann
[1] Joachim Jacob. »Ludwig, Emil (bis 1883 Emil Cohn)«. In Andreras B. Kilcher (Hg.). Metzler Lexikon
der deutsch-jüdischen Literatur. Stuttgart/Weimar 2012, S. 352–354, hier S.
352.
[2] Ebd., S. 352f.
[3] Emil Ludwig. Geschenke
des Lebens. Ein Rückblick. Berlin 1931, o.S.
[4] Johanna W. Roden. »Emil Ludwig«. In John M. Spalek,
Joseph Strelka (Hg.). Deutschsprachige
Exilliteratur seit 1933.
Band 2 New York. Berlin/Boston 2018, S. 554-569, hier S. 558.
[5] Niels Hansen. Der
Fall Emil Ludwig. Oldenburg 1930, S. 46.
[6] Hansen 1930, S. 13.
[7] Herbert Freeden. »Emil Ludwig als
Jude«. In Aufbau, 3 (1956), o.S., zitiert nach Renate Heuer. Lexikon deutsch-jüdischer Autoren. Band 16, München 2008, S.
205-225, hier S. 207.
[8] Ebd.
[9] Jacob 2012, S. 353.
[10] Ebd., S. 562.