Justus Möser

Vorschlag zur Versorgung alter Bediente

 

 

Vom Handwerk sagt man, daß es einen güldenen Boden habe. Allein von dem Dienste kann man behaupten, daß er einen eisernen habe. Ein Mensch, der seine beste Lebenszeit mit Aufwarten zugebracht, ist am Ende seines Lebens insgemein sich und andern unnütz, und wann er treu gedient, hat er von seinem Lohn kein Kapital gemacht. Er setzt daher oft einen gutherzigen Herrn in die Versuchung, ihn wider sein Gewissen mit einem Dienste zu versorgen, wozu er nicht geschickt ist. Wäre es also nicht billig, eine Invalidencasse vor bejahrte Bediente zu stiften?

Nach meiner Rechnung könnte es füglich angehen, daß ein Bedienter, der 30. Jahr im Lande wohl gedient, und jährlich 1 Thaler zu dieser Invalidencasse contribuiret hätte, die übrige Zeit seines Lebens monatlich 2 Thaler; und wenn er jährlich 2 Thaler contribuirt; monatlich 4 Thaler und so ferner erhielte. Eben dieses konnte in Ansehung der weiblichen Dienstboten Statt haben. Und wie manche Herrschaft würde diesen Fürschuß nicht für ihre Dienstboten jährlich gern thun, wenn diese sich dagegen des Caffees und Thees freywillig enthalten wollten? Wie glücklich wäre dieses Geld nicht angewandt; und was kann eine Obrigkeit abhalten, eine solche Anstalt zu treffen? Käme ein Schade dabey heraus: so müßte ihn das Publikum, das dagegen mit guten und treuen Dienstboten versorgt würde, übernehmen.